Hermines Krebs

Es liegt schon etwas länger zurück....Frühjahr 2019. Bevor ich anfing, diese Homepage zu erstellen und dieses  Tagebuch zu führen.

Deshalb ist dieser Eintrag auch nicht mehr so genau. Ich möchte aber trotzdem, von dem extremen Fall berichten:

 

Hermine war ein kleines Findelkind, welches ich von einer Bekannten übernahm. Sie saß eines Tages bei ihr auf der Terrasse und ließ sich einfangen. Sie lebte dort viele Jahre, bis ich sie bekam. Hier war sie fortan nicht mehr allein. Hermine ist inzwischen mindestens ca 9 Jahre + ( Stand 2020).

Im März 2019 wollte ich sie routinemäßig untersuchen... Öhrchen, Krallen etc. Wie man das ab und zu so macht. Hermine ist ein kleines Fellmonster, muss man dazu sagen. 2/3 Fell und 1/3 Kaninchen :-)

Als ich sie hochnahm und anfing sie abzutasten, bemerkte ich eine riesige, knubbelige Geschwulst. Die lag zwischen den Vorderbeinchen, im langen Fell verborgen, völlig unsichtbar.

Das Ding war, ungelogen, so groß wie ein Tennisball. Es zog sich sogar bis in den rechten Oberschenkel hinein.

Ich, kreidebleich vor Schreck, hab alles fallen lassen und rief sofort den Tierarzt an, wo ich unverzüglich dran kam.

Wie konnte mir DAS entgangen sein???

Mein Gewissen nagte an mir, weil ich dachte, ich sei zu nachlässig gewesen. Hätte ich sie doch noch öfter genauer angeschaut!

Andererseits, sah sie immer putzmunter aus und ich fange sie nur ein, wenn es sein muss. Zur gelegentlichen Kontrolle wegen der Krallen oder zur Medikamentengabe, wenn nötig.

Der Tierarzt nahm mir dieses dumme Gefühl, denn er sagte, sowas wächst rasant schnell. Innerhalb kurzer Zeit, kann ein Tumor Ausmaße wie diese annehmen.

Nun hatten wir folgende Optionen:

1. Operieren, weil sie sonst noch sehr fit ist.

2. Nur mit Schmerzmitteln behandeln, falls sie Schmerzen hat und den Dingen ihren Lauf lassen. Einschläfern sobald sie sich quält.

3. Gleich einschläfern.

 

:-(

 

Ich wollte ihr die Chance geben, gesund zu werden und zu leben. Einschläfern lassen, könnte ich sie immer noch, wenns schlimm würde oder wenn der Tumor nach der OP wieder käme. Der TA war zwar meiner Meinung, aber dennoch durchaus skeptisch, wegen der Größe des Geschwürs.

Gesagt, getan. Hermine wurde operiert. Sie hatte danach einen komplett rasierten Bauch und die Brust war auch nackt. Selbst das Beinchen war haarlos. Eine riesige Naht, prangte nun auf ihrem zarten Körper. Meine arme Maus. Jetzt sah man erst genau, wie zerbrechlich klein sie ist.

Sie wurde mit Antibiotika, Bene Bac und Schmerzmitteln behandelt. Nahrung nahm sie glücklicherweise selbstständig auf, wobei sie durch eine Halskrause behindert wurde. Diese nahm ich ihr recht bald ab und zog ihr eine aufgeschnittene Socke an. Die saß 1A, wie ein Strickpullover. So konnte Herminchen nicht so leicht an der Naht knabbern und ihr nacktes Bäuchlein wurde außerdem gewärmt. Ich musste natürlich darauf achten, dass sie sich nicht auszog. Aber sie war brav. Die Halskrause hinderte das Tier an der Aufnahme des Blinddarmkots und an der Möglichkeit, sich zu putzen. Die Schlafkrümel in den Augenecken musste ich vorsichtig entfernen. Selbst beim Fressen und Trinken hatte sie Probleme mit dem dummen Teil. Deshalb- weg mit dem Trichter- Ding.

Ihr Krankenlager bekam sie in der Gartenhütte, in einem großen Quarantänekäfig, auf sauberen Tüchern. Dort musste sie nun genesen, leider getrennt von den anderen Kaninchen. Eine bessere Möglichkeit, sie geschützt unterzubringen, hatte ich nicht. Im Gehege, auf dem Rindenmulch, konnte sie mit dieser schlimmen Wunde leider nicht bleiben. Das wäre zu gefährlich gewesen, wegen der vielen Keime, die sich darin tummeln. Das Risiko einer Wundinfektion, war zu hoch. Die Wundhöhle war riesig. Etwas rötliche Wundflüssigkeit tropfte ab und zu heraus, was normal ist.

Der Käfig war, für diese Zeit, kein schöner- aber immerhin sicherer und sauberer Ort. Der Zweck, heiligt halt manchmal die Mittel. Sie sollte sich ohnehin nicht viel bewegen, um die Naht zu schonen. Weniger Platz war also, in diesem Fall, durchaus erwünscht. Mitleid, hatte ich trotzdem, weil sie allein war.

Ein zweites Tier mit in den Käfig zu stecken, hielt ich für unzumutbar. Auch, wenn dieser recht groß ist. Was für ein Unglück!

Sie ins Haus zu holen, hätte bedeutet, dass sie sich an die Zimmertemperatur gewöhnt hätte. Somit hätte ich sie bis zum Frühjahr drin behalten müssen, bis es draussen  warm genug gewesen wäre, damit sie sich nicht erkältet. Ich wollte sie aber so schnell wie möglich wieder in die Gruppe lassen. Ich dachte- halt durch, kleine Hermine, alles wird wieder gut!

 

Der erste Veruch, sie nach gut 3 Wochen zurück zu den anderen Häschen zu setzen, ging volle Pulle in die Hose. Ihre Narbe riss bei der Neu- Vergesellschaftung ein Stück auf und musste nochmals getackert werden. Sowas Blödes!!

Das hieß weitere 3 Wochen Isolation, bis die Haut dick genug war. Dann endlich ein neuer, erfolgreicher Versuch, Hermine wieder in die Gruppe zu integrieren. Gott sei Dank, es hat geklappt.

Die kleine Oma, wie wir sie liebevoll nennen, war zurück!

Fast ein Jahr später, tobt Hermine draussen herum und ist gesund. Der Tumor kam nicht zurück, was nun sehr oft kontrolliert wird. Einziges Handicap- sie kann das rechte Beinchen nicht ganz strecken. Die Haut musste, an der Stelle, so extrem straff zusammen gezogen werden, dass es immer noch spannt. Ich glaube, da sie alt ist, ist die Haut nicht mehr so elastisch. Sonst geht es ihr gut und sie ist aktiv und neugierig.

Ich habe also richtig entschieden, es zu versuchen. Ich bin froh darüber. Schließlich hoffe ich, dass Herminchen steinalt wird. Ohne den Eingriff, wäre sie garantiert, innerhalb weniger Wochen nach der Entdeckung, gestorben. Die letzte Reise über den Regenbogen, kann nun doch noch aufgeschoben werden.

Leider habe ich von dem Fall keine Fotos gemacht, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt selber noch keine Ahnung, dass diese Homepage entsteht. Ein Tumor, groß wie eine Männerfaust- doch Hermine war stärker. Man sieht, auch das scheinbar Unmögliche, kann möglich sein.

Kleine Oma
Kleine Oma